Friseure – Eine Liga für sich

Eine Klasse für sich – für Frank und Michael

«Und?», will Frankie wissen, «was machen wir heute?»

Er steht hinter mir, verdreht rollend die Augen und klappert wie «Edward mit den Scherenhänden» mit seiner sündhaft teuren Japanschere. Frankie ist mein Fris… – sorry, wollte sagen mein Hairdesigner! Seit Jahren. Ein Haarfreak. Art-styled. Abgedreht. Angetörnt. Total crazy. Aber alles im besten Sinne.

«Wie wär’s mit Haareschneiden», gebe ich zurück. Immer derselbe Spruch, the same procedure as everytime.

«Schon klar, ich wollte nur wissen, wie ich’s schneiden soll?» beharrt er in seiner mit den Jahren erstarrten Rolle.

«Kürzer», lautet meine lapidare Antwort, nicht minder textsicher. Nach so langer Zeit fällt uns halt nichts Neues mehr ein. Einem Küchenchef würde ich jetzt zugestehen, er möge mich überraschen, aber meinem Frisör? Frankie ist zuzutrauen, dass er das fertig bringt. Das Risiko ist mir dann doch zu groß.

«Willst du immer noch so aussehen wie dieser tote Schauspieler?», will er jetzt wissen. Er meint Cary Grant. Den finde ich klasse. Immer schon.

«Ich würde ja lieber wie ein lebendiger aussehen», stichele ich. «Vielleicht wie George Clooney? Aber ich will dich natürlich nicht überfordern.»

«Könnte man schon machen», grinst Frankie zurück, «aber ich kann nicht wegen dir unseren Laden für mehrere Tage schließen».

Ha-ha, wahnwitzig witzig! Wir könnten so noch stundenlang weiterfrozzeln, aber hat er recht – wir sollten uns auf das Machbare konzentrieren. Man einigt sich auf einen Waffenstillstand in Form eines Cappuccinos. Der kommt und ist siedend heiß. Also erst mal ab zum Waschen.

«Verpass ihm doch bitte gleich auch noch ’ne Kopfmassage», ruft er einer Mandy oder Sandy nach. «Ich glaube, er hat’s heute nötig!»

Stimmt, ich bin wieder bis in die frühen Morgenstunden am Computer gesessen. Hat schon was für sich, wenn man Stammkunde ist. Kann aber auch sein, dass Frankie bloß Zeit für eine schnelle Zigarette schinden will. Nach Waschen und Genusskraulen geht’s wieder zurück an die Station. Der Kaffee hat mittlerweile eine trinkbare Temperatur.

«Okay», kommt mein Star-Builder zur Sache: «Matthew McConaughey!»

«Wie meinen?», frage ich verständnislos nach.

Im Handyumdrehen hält mir Frankie das entsprechende Google-Ergebnis vor die Nase. Das Bild zeigt einen wahnsinnig coolen, asketisch schlanken und zirka zehn Jahre jüngeren Beau.

«Wie wär’s denn mal so?», schlägt er vor.

«Du meinst tatsächlich, du kriegst mich hier und jetzt optisch von 95 auf 65 Kilo runter?» Ich bin ehrlich begeistert! Eigentlich wäre ich mit fünf Jahren jünger schon mehr als zufrieden gewesen.

Frankie grinst anzüglich: «Nicht ganz so. Die lichte Stelle hinten kann man aber überschminken.»

«Das ist keine lichte Stelle», widerspreche ich, «da wachsen meine Haare nur nach innen!»

«… und zu den Ohren wieder raus! Ich seh’s!», bohrt er weiter in der Wunde. «Möchtest du, dass ich die auch frisiere?»

«Nicht nötig, die nur waschen und legen.»

Genüsslich schlürfe ich meinen Kaffee und verspüre Lust, mich zu rächen: «Du solltest wirklich damit aufhören, Haartalkum zu schnupfen», trieze ich ihn darum. «Dieser Frisör-Koks setzt sich mit der Zeit in den Gehirnzellen ab.»

«Sag mal, wieviel Koffein hattest du heute eigentlich schon?», pariert er. «Ab jetzt kriegst du hier nur noch seniorentauglichen Muckefuck!»

«Pass lieber auf, dass du nicht in meine Ohren schneidest. Mit deren Länge bin ich eigentlich zufrieden!»

Aber dann legt Frankie los und kaum zwanzig Minuten später sehe ich etliche Monate jünger aus. Die Frisur steht tatsächlich nicht nur diesem Mäcksowieso.

Hochbeglückt stelle ich mich kurze Zeit später meinen Mädels zu Hause vor. Die Angetraute und unser Teenie-Ableger sind einhellig begeistert.

«Hast du abgenommen?» Heike zwinkert der Tochter heimlich zu. «Du siehst irgendwie schmaler aus.»

«Ja, Papa», meint jetzt auch Flavia, «du sieht aus wie dieser Schauspieler, dieser …»

«Matthew McConaughey», helfe ich ihr weiter.

«Nö», verschlimmbessert mich die eigene Brut, «ich meine den, der schon tot ist. Diesen Jerry Grent!» – – –

Thanks, Frankie, you’re simply the best!